Narrenzunft Henkerhaus Baienfurt e.V.
Geschichte
Der Name der Zunft, die im Jahr 1936 gegründet wurde,
stammt von dem vor rund 3oo Jahren erbauten
Henkerhaus, in dem die Scharfrichter der kaiserlichen
Landvogtei Schwaben mit Sitz in Altdorf, dem heutigen
Weingarten, untergebracht waren. Über die Tätigkeit des
Henkers in Baienfurt geben Ratsprotokolle von Altdorf
teilweise Aufschluss. Nach diesen ist er zwischen 1685
und 1729 mehrmals an der Richtstätte an der Straße
nach Ettishofen erschienen. Das Henkerhaus hat in
späteren Jahren viele Namen erhalten, so z.B.
„Knechtenhaus“ (1732), „Meisterhaus“ (1739),
„Klosterhaus“ (1748) oder „Arbeitshaus“ (1782). Im
Volksmund ist der Name „Henkerhaus“ allerdings bis
heute fest verankert geblieben. Der Narrenruf,
Henkerhaus, lass d˜Narra raus! leitet sich von dem
Gebäude bzw. seinen Bewohnern, die mit diesem Ruf
gehänselt worden sein sollen, ab.
Von nach 19oo wissen wir durch mündliche
Familienüberlieferungen, dass schon 1912 und 1913
kleine Straßenumzüge mit Wagen gemacht wurden. So
wird beispielsweise von einem Wagen mit
Ochsengespann berichtet, auf dem ein Karussell stand;
erbaut von den Bürgern Bitterwolf, Prinz und Sättele.
In den zwanziger Jahren waren es dann die Plätzler aus
Altdorf-Weingarten, die mit ihrem Fasnetsbutzarößle
zum Fasnetverkünden nach Baienfurt kamen – wohl eine
Fortführung der schon immer bestehenden
„Abhängigkeit“ zum Ort und Kloster Weingarten. Dem
Narrenblättle von „Klein Paris“ aus dem Jahr 1927 ist zu
entnehmen, dass ein „Faschings-Umzug“ mit 20
Gruppen stattgefunden hat.
Masken
Entgegen dem erschreckenden Namen der Zunft sind
die Masken freundlich gestaltet. Die Erläuterung, warum
die Zunft keinen „Henker“ als Narrenfigur hat, würde den
Rahmen sprengen, findet aber im Wesentlichen seine
Begründung in der Tatsache, dass ein Henker nicht
zuletzt aufgrund seiner „Tätigkeit“ niemals eine
Narrenfigur war und sein kann.
Die damaligen Zunftverantwortlichen entschieden sich
für eine Tiergestalt, den Vogelnarren und einen
Weißnarren, den Blumennarr. Mit ihrem aufwendig
gestickten Häs vermitteln sie die Schönheit und Vielfalt
unserer unmittelbaren Umgebung Feld, Wald und Flur.
Durch angenehmes Klima und geeigneter Topografie
besteht in unserer Region eine Artenvielfalt an Fauna
und Flora, die durch die Häser symbolisiert sein sollen.
Auch die zumindest seinerzeit bestehende Meinung,
dass unsere Fasnacht heidnische Ursprünge, also
Winteraustreibung, Herbeibitten des Frühlings, hat,
spiegelt sich sicherlich bei den beiden Hästypen wider,
die Ende der 50er Jahre von Martin Arnold entworfen
und Anfang der 70er Jahre von Jürgen Hohl modifiziert
wurden.
Der Kardelhannes, die dritte Narrenfigur der Zunft, hat
ihren Ursprung in der bäuerlichen Vergangenheit von
Baienfurt. Im 19. Jahrhundert wurde die „Weberkarde“ in
Baienfurt angebaut. Offensichtlich war die
Beschaffenheit des Bodens um Baienfurt für das
Gedeihen dieses Gewächses hervorragend. Die „Karde“
wurde zum Aufrauhen von Stoffen (Leinen) benötigt. Da
sie also fast nur um Baienfurt gut gediehen ist, brachte
sie den Bauern einigen Wohlstand, der im Häs durch
rote Schleife, Halskrause und Zylinder dokumentiert
wird.
Die Grundfarben aller Häser, blau und weiß, gehen
gleichfalls auf den „Kardeanbau“ zurück. Wenn die
„Karden“ zum Verkauf anstanden, also Markttag war,
wurden als äußeres Zeichen blau-weiße Fahnen gehisst
und jedermann wusste, wo es „Karden“ zu kaufen gab.